Rechtswidrige Kennzeichenabnahme

UVS Steiermark (nunmehr Landesverwaltungsgericht Steiermark) GZ UVS 20.8-5/2012-13 und GZ UVS 20.8-6/2012-13

Am 09.11.2012 wurde von einem Pkw durch Anordnung einer Bezirkshauptmannschaft das deutsche Kennzeichen durch einen Beamten der Polizeiinspektion N. abgenommen. Gegen diese von der BH N. verfügte und von der Polizeiinspektion N. durchgeführte Kennzeichenabnahme erhoben der in Deutschland lebende Fahrzeugeigentümer sowie dessen Tochter, welche das Fahrzeug lenkte und verwendete, welche in Graz studiert, Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Steiermark (seit 01.01.2014 Landesverwaltungsgericht Steiermark).

Im Sinne des Vorbringens der von unserer Kanzlei vertretenen Beschwerdeführer stellte der UVS Steiermark nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens, des vorgelegten Aktes der BH N., den Ausführungen der Beschwerde, der Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft dazu, den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem UVS und Einvernahme der Beschwerdeführer und der Polizeibeamten fest, dass der Erstbeschwerdeführer als Eigentümer und Zulassungsbesitzer des in Deutschland zugelassenen Pkw mit dem deutschen Kennzeichen in Deutschland lebt, somit das Privat-, Berufs- und Familienleben in Deutschland stattfindet. Manchmal kommt er nach Österreich in sein Haus in der Gemeinde N.. Die Zweitbeschwerdeführerin ist die Tochter des Erstbeschwerdeführers, welche an zwei Wohnsitzen sowohl in Deutschland als auch in der Gemeinde N. gemeldet ist. Sie ist in der Gemeinde N. als Nebenwohnsitz gemeldet im dortigen Haus des Vaters und studiert in Graz Pharmazie, wobei der Lebensmittelpunkt der Zweitbeschwerdeführerin sich ebenfalls in Deutschland befindet, wo ihre ganze Familie lebt, sie verfügt über eine deutsche Sozialversicherungskarte usw. Der Pkw wird von der Zweitbeschwerdeführerin verwendet, um ihrem Studium in Graz nachkommen zu können.

Der Sachverhalt war nach § 79 KFG, § 82 Abs 8 KFG zu beurteilen, wonach das Verwenden von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen, die keinen dauernden Standort im Bundesgebiet (Österreich haben) auf Straßen mit öffentlichen Verkehr nur zulässig ist, wenn die Fahrzeuge vor nicht länger als einem Jahr in das Bundesgebiet eingebracht wurden und wenn unter anderem die Vorschriften des § 82 KFG eingehalten werden. § 82 Abs 8 KFG verfügt, dass Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern.

Die Kennzeichenabnahme verfügende BH N. war eben der Annahme, dass das Fahrzeug über einen Zeitraum von einem Monat hinaus von einer Person mit Hauptwohnsitz in Österreich in das Bundesgebiet eingebracht und verwendet worden sei.

Vom UVS Steiermark wurde jedenfalls nach diesem durchgeführten Ermittlungsverfahren festgestellt, dass es in gegenständlichen Fall die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft N.) unterlassen habe, vor Verfügung der Abnahme der Kennzeichentafeln wesentliche, zur rechtlichen Beurteilung des Sachverhalte maßgebliche Ermittlungsschritte bzw darauf basierende Feststellungen zu treffen. So wurde keinesfalls festgestellt, wann bzw durch wen das gegenständliche Fahrzeug nach Österreich eingebracht wurde, wo sich der Lebensmittelpunkt der Zweitbeschwerdeführerin bzw des Erstbeschwerdeführers befindet, über welchen Zeitraum das Kraftfahrzeug in Österreich verwendet wurde und wurden zum Vorbringen und zu den Einwendungen und zum Einspruch der Zweitbeschwerdeführerin gegen das Verwaltungsstraferkenntnis keine Beweise aufgenommen.

Der UVS leitet daher ab, dass die von der belangten Behörde vertretene gesetzliche Vermutung des § 82 Abs 8 KFG, wonach das gegenständliche Fahrzeug als mit dauernden Standort im Inland anzusehen sei, bei ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahren klar widerlegt hätte werden können. Auch das parallell anhängige Verwaltungsstrafverfahren war weder rechtskräftig noch vollstreckbar. Obwohl das gegenständliche Straferkenntnis keine Vollstreckbarkeitsverfügung enthält, wurde durch den Sachbearbeiter der belangten Behörde ein rechtswidriger Auftrag mit dieser Kennzeichenabnahme erteilt.

Nachdem die am Kraftfahrzeug angebrachten Kennzeichentafeln und der Zulassungsschein Urkunden sind, welche die Benützung des Fahrzeuges erst ermöglichen, wurde somit der Gebrauch des Fahrzeuges durch die Kennzeichenabnahme und Abnahme des Zulassungsscheines unmöglich gemacht. Es liegt somit ein Eingriff in das Eigentum des Erstbeschwerdeführers vor, dieser wurde in seinem Recht gemäß Art 5 Staatsgrundgesetz verletzt, welches die Unverletzlichkeit des Eigentums garantiert. Aber auch die Zweitbeschwerdeführerin wurde in ihrem Recht auf Berufsausbildungsfreiheit gemäß Art 18 Staatsgrundgesetz verletzt, da ihre Reisefreiheit zum Studienplatz durch Wegfall der Fahrmöglichkeit durch den gegenständlichen Pkw verloren ging bzw wesentlich erschwert wurde.

 

Dr. Klaus Hirtler

Rechtsanwalt Gesellschaft m.b.H.
Firmenbuch: FN 267966v | UID: ATU61961005

A-8700 Leoben, Krottendorfer Gasse 5/1
T: 03842 / 42145-0  |  F: 03842 / 42145-4

Diese Webseite verwendet Cookies. Wenn Sie fortfahren, nehmen wir an, dass Sie mit der Verwendung von Cookies auf der ra-hirtler.com Webseite einverstanden sind.